Finanzkrise 2.0 und das Zögern der Kanzlerin

Hat Bundeskanzlerin Merkel die Griechenland-Hilfe verschlafen?

Die Griechenland-Hilfen und das lange Zögern Deutschlands lassen immer mehr Kritik an der Kanzlerin laut werden. Hat Angela Merkel die Finanzkrise noch schlimmer gemacht? Professor Enderlein nimmt in der Sendung busch@n-tv kein Blatt vor den Mund.

„Prof. Enderlein (Hertie School of Governance) befürchtet in Busch@n-tv, dass es für ein gemeinsames europäisches Signal zu spät ist.

Prof. Henrik Enderlein, Hertie School of Governance, heute bei busch@n-tv (Thema: “Finanzkrise 2.0: Hellas brennt, Merkel pennt”)

Enderlein kritisiert das zögerliche Verhalten der Kanzlerin in der Griechenlandkrise scharf:

„Das Zögern Merkels hat dazu geführt, dass die Märkte den Eindruck gewannen, Deutschland wolle nicht zahlen. Also wurden die Zinsen weiter nach oben getrieben. Das war genau der zündende Funke, der jetzt den Flächenbrand in Europa entfacht.“

Enderlein wirft der Kanzlerin vor, sie habe ich zu sehr von den ökonomischen Notwendigkeiten ablenken lassen:

„Die Haltung der Kanzlerin ist dadurch gespeist, dass sie ganz unterschiedliche Interessen bedienen musste: NRW-Wahl, Bundesverfassungsgericht, Boulevardpresse. Da verliert man schon mal den Überblick.

Entscheidend ist, ab einem bestimmten Zeitpunkt darf man nicht mehr auf die deutsche Politik gucken, auch nicht auf die NRW-Wahl. Hier geht es wirklich um die Existenz Europas. Da spielt man nicht mit dem Feuer, mit den Stammtischen. Dann sagt man: Die Hilfe muss fließen und zwar jetzt sofort!“

Enderlein wirft der Kanzlerin zudem vor, die europäischen Partner verunsichert und damit die Krise verschärft zu haben:

„In den europäische n Hauptstädten weiß man nicht mehr, woran man ist. Das ist in einer Finanzkrise genau das falsche. Europa müsste heute mit einer klaren stimme sprechen. Die Kanzlerin, Sarkozy und ein paar andere müssten morgen früh gleichzeitig sagen, dass sie entschlossen sind, den Euroraum vor dem Auseinanderbrechen zu bewahren. Es ist ähnlich wie nach der Lehman-Pleite: Wir sind jetzt an dem Punkt, da der Euroraum einen solchen Schutz braucht. Ich befürchte allerings, dass selbst ein solches Signal von den Märkten nicht mehr wahrgenommen würde.”

Enderlein fordert die Einführung einer europäischen Wirtschaftspolitik

„Wir haben viel zu lange mit der Illusion gelebt, wir könnten eine gemeinsame Währung haben, ohne gemeinsame Wirtschaftpolitik. Das funktioniert nicht. Wenn wir denn Euro wirklich wollen, müssen wir deshalb heute auch sagen, dass der Euro eine Schicksalsgemeinschaft ist. Die letzten zehn Jahre haben wir in der Illusion gelebt, wir könnten das Problem aussitzen. Der erste Schritt war die gemeinsame Währung, der zweite logische Schritt muss mehr europäische Integration und mehr europäische Wirtschaftspolitik sein.““

Quelle Zitate: n-tv