Korrelation oder Diversifikation:Werden sich Digital Assets jemals von traditionellen Märkten entkoppeln?

In den letzten Jahren hat sich die Beziehung zwischen digitalen Assets wie Bitcoin und traditionellen Anlageklassen, insbesondere Aktien, merklich verändert. Die einst erhoffte Diversifikation, die digitale Assets als eine unabhängige Anlageklasse präsentieren sollte, wird zunehmend durch eine starke Korrelation mit den Bewegungen am Aktienmarkt in Frage gestellt. Vor allem die Preisentwicklungen von risikoreichen Technologieaktien spiegeln häufig die Kursbewegungen von Kryptowährungen wider. Jannick Broering, Chief Asset Management Officer (CAMO) der Digital Asset Boutique Teroxx, geht der Frage nach: Wie lange wird dieser Trend anhalten, und besteht tatsächlich die Möglichkeit einer „Entkopplung“?

Der aktuelle Stand der Korrelation zwischen digitalen und traditionellen Assets

Die Korrelation zwischen digitalen und traditionellen Assets hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Die Integration digitaler Assets in die Mitte der Finanzwelt ist durch die verstärkte institutionelle Adaption bedingt. Diese Entwicklung führt dazu, dass die Kursbewegungen von Bitcoin und Co. immer stärker mit den weltweiten Finanzmärkten harmonieren. Ein Blick auf die Preisbewegungen zeigt, dass die Diversifikation, die ursprünglich als Vorteil von Kryptowährungen galt, zunehmend fraglich wird.

Bitcoin zwischen digitalem Cash und digitalem Gold

Ähnliches lässt sich bei der Korrelation zwischen Bitcoin und Gold beobachten.
Obwohl Bitcoin ursprünglich als digitales Bezahlsystem konzipiert war, hat sich sein Ruf als „digitales Gold“ spätestens seit der COVID-19-Pandemie zunehmend gefestigt. Die Analogie basiert auf mehreren Parallelen zwischen BTC und Gold: Beide haben eine begrenzte Verfügbarkeit, werden oft als Inflationsschutz wahrgenommen und sind unabhängig von Zentralbanken. Die Korrelation zwischen den beiden Assets hat sich seit 2020 mehrfach verstärkt, gerade in Krisenzeiten. Während der durch COVID-19 bedingten globalen Verkaufswelle im März 2020 zeigte sich laut VanEck eine deutliche Annäherung der Kursbewegungen. Ein ähnliches Muster war 2023 zu beobachten, als laut Fidelity beide Assets trotz steigender Zinsen an Wert gewannen. Aktuelle Analysen von Kaiko bestätigen einen anhaltenden Trend zur stärkeren Angleichung der Preisbewegungen. Obwohl Bitcoin weiterhin volatiler ist als Gold, deutet die wachsende Ähnlichkeit in Krisenzeiten darauf hin, dass Investoren die Kryptowährung zunehmend als digitale Alternative zu traditionellen Wertaufbewahrungsmitteln betrachten, insbesondere in Phasen wirtschaftlicher Unsicherheit.

Marktzyklen: Korrelation in Bullen- und Bärenmärkten

Ein wesentlicher Faktor, der die Korrelation beeinflusst, sind Marktzyklen. In Bullenmärkten, in denen die Stimmung optimistisch ist und die Anleger bereit sind, Risiken einzugehen, kann die Korrelation zwischen digitalen und traditionellen Assets schwächer sein. Das liegt daran, dass in solchen Phasen digitale Assets oft mit überdurchschnittlichem Wachstum aufwarten und Anleger eine stärkere Risikobereitschaft zeigen. Im Gegensatz dazu nimmt die Korrelation in Bärenmärkten tendenziell zu. In Zeiten der Unsicherheit und der Marktbereinigung tendieren Anleger dazu, ihre Portfolios zu reduzieren, was zu einem gemeinsamen Rückgang führt. Makroökonomische Faktoren, wie Zinserhöhungen oder geopolitische Spannungen, verstärken zudem die Korrelation zwischen diesen Märkten.

Regulierungsrahmen: Der Einfluss auf Korrelation und Entkopplung

Ein weiterer entscheidender Einflussfaktor auf die Korrelation ist die Regulierung. Die regulatorischen Rahmenbedingungen spielen eine maßgebliche Rolle bei der Integration digitaler Assets in traditionelle Finanzprodukte. Striktere Regulierungen könnten die Korrelation erhöhen, indem sie digitale Assets stärker in regulierte Produkte, wie etwa Krypto-ETFs, einbinden. Andererseits könnten unterschiedliche regulatorische Ansätze zwischen Ländern eine Entkopplung begünstigen. In Ländern mit strengen Regulierungen könnte eine Abwanderung von Investoren in krypto-freundlichere Märkte stattfinden, was zu einer stärkeren regionalen Abhängigkeit und möglicherweise zu einer Entkopplung von globalen Märkten führen könnte.

Entkopplungspotenzial: Chancen und Herausforderungen für digitale Assets

Trotz der aktuellen Korrelation gibt es Argumente für eine potenzielle Entkopplung digitaler Assets von traditionellen Märkten. Langfristig könnte die Akzeptanz digitaler Assets als eigenständige Anlageklasse, gepaart mit technologischen Innovationen und differenzierten regulatorischen Ansätzen, die Unabhängigkeit fördern. Wenn digitale Assets zunehmend als wertvoller Bestandteil eines diversifizierten Portfolios wahrgenommen werden, könnte dies den Druck auf den Zusammenhang mit traditionellen Märkten verringern.

Ein wichtiger Aspekt des Entkopplungspotenzials ist die Entwicklung neuer Finanzprodukte und Dienstleistungen, die speziell auf digitale Assets zugeschnitten sind. Der Aufstieg von DeFi (Decentralized Finance) und innovativen Handelsplattformen könnte dazu führen, dass digitale Assets in ihrer Preisgestaltung und Liquidität weniger von traditionellen Märkten abhängig werden. Dies könnte einen eigenständigen Markt schaffen, der sich durch spezielle Mechanismen und Dynamiken auszeichnet.

Zudem könnten technologische Fortschritte wie die Einführung von Layer-2-Lösungen und Smart Contracts die Effizienz und die Anwendungsmöglichkeiten digitaler Assets erweitern. Diese Entwicklungen könnten das Vertrauen der Anleger stärken und dazu führen, dass digitale Assets als weniger volatil und damit als weniger abhängig von traditionellen Märkten wahrgenommen werden.

Allerdings bleibt eine vollständige Entkopplung unter den gegenwärtigen Bedingungen unwahrscheinlich. Insbesondere in Krisenzeiten und angesichts globaler Unsicherheiten wird die Korrelation zwischen diesen Märkten wahrscheinlich bestehen bleiben. Es ist jedoch möglich, dass in bestimmten Marktphasen, allen voran in Bullenmärkten, sowie durch unterschiedliche regulatorische Ansätze temporäre Entkopplungen auftreten können.

Fazit

Insgesamt ist die aktuelle Marktlage geprägt von einer anhaltenden Korrelation zwischen digitalen und traditionellen Märkten. Während langfristige Entkopplungspotenziale existieren, sind sie stark von makroökonomischen Bedingungen und den Reaktionen der Marktteilnehmer auf regulatorische Änderungen abhängig. Die Entwicklung der nächsten Jahre wird entscheidend sein: Eine gewisse Korrelation könnte für den Aufbau eines stabilen Marktes für digitale Assets notwendig sein, während gleichzeitig das Potenzial zur Entkopplung nicht ignoriert werden darf.