Digitaler Euro – Erhebliche Risiken und Kosten durch Fehlentscheidungen?

Ein digitaler Euro soll kommen. Doch wie wird dieser aussehen und wie wird die digitale Währung der Eurozone ausgestaltet werden? Dies sind wichtige Frage, die vor einer Einführung unbedingt beantwortet werden müssen. Sonst könnten Fehlentscheidungen mit erheblichen Risiken und Kosten für die Europäische Wirtschaft verbunden sein.

Digitaler Euro: Deutsche Kreditwirtschaft fordert politische Leitplanken

„Es ist von entscheidender Bedeutung, die Leitplanken für einen digitalen Euro auf der Basis eines politischen Prozesses sowie gesamtgesellschaftlicher Meinungsbildung zu setzen“, sagt Marija Kolak, Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) federführend für die Deutsche Kreditwirtschaft (DK). „Das Mandat der Europäischen Zentralbank und die konkrete Ausgestaltung eines digitalen Euros müssen transparent und demokratisch legitimiert sowie gesetzlich verankert werden“, so Kolak weiter.

Heute hat die EU-Kommission einen Legislativvorschlag zur Einführung eines digitalen Euros vorgelegt. Die Nutzung von Bargeld ist rückläufig, viele Banken schaffen ihre Geldautomaten ab und schließen in ihren Filialen die Kassen. Umso wichtiger ist es, der Bevölkerung weiter den Zugang zu Zentralbankgeld sichern zu können. Ein digitaler Euro soll eine Lösung bringen, auch in Sachen der Sicherung der digitalen und währungspolitischen Unabhängigkeit Europas.

EZB soll ein Zahlungssystem aufbauen

In der Pressemitteilung der Deutschen Kreditwirtschaft wird der Verband deutlich: „Die Europäische Kommission räumt der Europäischen Zentralbank (EZB) das Recht zum Aufbau eines umfangreichen, zentralen und kompetitiven Zahlungssystems ein, welches eine zentrale Preisfestlegung durch die EZB und den Zugriff auf privatwirtschaftliche Ressourcen beinhaltet. Die EZB sollte sich jedoch darauf beschränken, den digitalen Euro – wie auch heutiges Bargeld – als Zahlungsmittel und nicht als umfangreiches Zahlverfahren zu gestalten.“

Die DK in ihrer heutigen Mitteilung weiter: „Nur als bargeldgleiches Zahlungsmittel kann ein digitaler Euro als Grundlage für die Entwicklung innovativer europäischer Bezahllösungen dienen und dadurch Abhängigkeiten von nicht-europäischen Lösungen reduzieren. Es muss auf der bereits bestehenden Rollenverteilung zwischen Zentralbank und Privatwirtschaft aufgebaut werden: Die EZB gibt den digitalen Euro als sicheres Zahlungsmittel heraus. Banken und Sparkassen entwickeln auf dieser Basis Angebote, die auf Bedarfe von Wirtschaft und Gesellschaft zugeschnitten sind. Nur so können sich die Kernkompetenzen beider Seiten optimal ergänzen.“

Digitaler Euro kontobasiert oder bargeldgleich?

Fraglich ist, wie die EZB die Vorzüge des Euro-Bargelds, zum Beispiel Privatsphäre und Anonymität, mittels einer angedachten kontobasierten Version eines digitalen Euros in die digitale Welt übertragen will.

Deutsche Kreditwirtschaft am 28. Juni 2023

Die Deutsche Kreditwirtschaft geht in die Tiefe. Und es wäre nicht verwunderlich, wenn sie den digitalen Euro schon weiter gedacht hätte, als es bei der EU-Kommission und der EZB der Fall wäre. Die DK wirft deshalb heute einige wichtige Fragen auf:

„Fraglich ist, wie die EZB die Vorzüge des Euro-Bargelds, zum Beispiel Privatsphäre und Anonymität, mittels einer angedachten kontobasierten Version eines digitalen Euros in die digitale Welt übertragen will. Statt einer kontobasierten Version sollte die EZB einen digitalen Euro bargeldgleich ausgestalten. So wäre er online- und offline nutzbar und könnte unumkehrbare und verlässliche Anonymität „by design“ ermöglichen. So kann das Vertrauen von Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen gewonnen werden, welches ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die breite Nutzung eines digitalen Euros darstellt.“

Die Deutsche Kreditwirtschaft bewertet jedoch den eigenen Angaben nach positiv, dass die mit der Einführung eines unlimitierten digitalen Euro verbundenen Risiken von der Kommission aufgegriffen wurden.

vzbv begrüßt die EU-Pläne für den digitalen Euro

Ramona Pop, Vorständin beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), kommentiert:

„Der digitale Euro kann den Zahlungsverkehr auf eine neue Stufe heben. Ein kostenloses, nahezu überall einsetzbares, inklusiv gestaltetes digitales Zahlungsmittel nach europäischen Regeln ist eine große Chance. Der Frust rund um das Kartenchaos der letzten Monate führt vor Augen, wie wichtig ein breit akzeptiertes digitales Zahlungsmittel ist, das verlässlich und unabhängig von wenigen Konzernen funktioniert.

Entscheidend ist, dass der digitale Euro die Privatsphäre der Verbraucher:innen schützt – vor allem bei Online-Zahlungen. Die EU muss mit Blick auf die Anonymität des Zahlungsverkehrs noch nachbessern, damit der digitale Euro das Datensammeln stoppt. Anonymität beim digitalen Bezahlen ist wichtig.

Der Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass alle Banken den digitalen Euro bereitstellen und alle Anbieter und staatlichen Stellen das Zahlungsmittel akzeptieren müssen. Das begrüßt der vzbv. Einen drohenden Flickenteppich darf es nicht geben. Das wäre nicht im Sinne der Verbraucher:innen.

Mit dem digitalen Euro sollen Verbraucher:innen einen einfachen Zugang zum digitalen Bezahlen erhalten. Deshalb ist es ein guter Vorschlag der EU-Kommission, dass öffentliche Stellen wie etwa Postfilialen die Menschen beim Einrichten und Benutzen des digitalen Euro unterstützen sollen.

Es ist gut, dass die EU-Kommission gleichzeitig klarstellt, dass Bargeld akzeptiert werden muss und sie enge Ausnahmen gesetzlich regelt. Das ist ein wichtiger Schritt, um die Wahlfreiheit der Verbraucher:innen beim Bezahlen zu erhalten und eine drohende Abwärtsspirale beim Bargeld auch in Deutschland zu stoppen. Der digitale Euro darf Bargeld als anonymes, etabliertes und barrierearmes Zahlungsmittel nicht ersetzen, sondern nur ergänzen.“

Auch interessant:

Deutsche Unternehmen wollen Einführung des digitalen Euro