Verbraucherkredit-Nachfrage trotz Krise gestiegen
Die Zahlen, welche heute veröffentlicht wurden, zeigen eine Kehrtwende in Deutschland. Nach Jahrzehnten einer Mentalität, den Konsum in wirtschaftlich schlechten Zeiten zurück zu schrauben, brachte das Krisenjahr 2009 eine gravierende Änderung mit sich: Es wurden zehn Prozent mehr Kreditverträge für Verbraucherkredite abgeschlossen als im Jahr davor. Der negative Beigeschmack: Die Gefahr der Überschuldung steigt im laufenden Jahr 2010 um 2,5 Prozent.
„Antizyklisches Verbraucherverhalten in der Wirtschaftskrise:
Mehr Konsumentenkredite trotz wirtschaftlichem Abschwung
Im vergangenen Jahr haben Konsumenten anders als in vorherigen Wirtschaftskrisen gehandelt: Trotz wirtschaftlichem Abschwung war die Konsumneigung stabil und es wurden sogar mehr Kredite nachgefragt. Typisch für Krisenzeiten ist sonst ein prozyklischer Verlauf: Aufgrund der pessimistischen Einschätzung der wirtschaftlichen Lage geht die Nachfrage zurück, auch die von Privatpersonen nach Krediten. Aufschwungphasen sind hingegen von verstärkter Kreditnachfrage geprägt. In der größten Rezession seit Bestehen der Bundesrepublik ist die Nachfrage nach Ratenkrediten im Jahr 2009 jedoch um 17 Prozent gestiegen und es wurden zehn Prozent mehr Konsumentenkreditverträge abgeschlossen.
„Anders als bei Unternehmen kann man die ausgeweitete Kreditnachfrage von den Konsumenten nicht als Zeichen finanzieller Engpässe werten“, so der SCHUFA-Vorstandsvorsitzende Rainer Neumann bei der Präsentation des SCHUFA Kredit-Kompass 2010. Es sei vielmehr so, dass diese Krise 2009 bei der überwiegenden Mehrheit der Bürger noch nicht angekommen sei. Ferner wirkten sich die Abwrackprämie, niedrige Zinsen, Rabattaktionen des Handels und ein relativ stabiler Arbeitsmarkt stimulierend auf die Konsumtätigkeit aus.
2009 wurden zehn Prozent mehr Konsumentenkredite aufgenommen
Im Rahmen der Forschungsplattform SCHUFA Kredit-Kompass wurden Informationen zu Krediten von 66 Millionen Verbrauchern ausgewertet. Für das Jahr 2009 hat die SCHUFA als Kernergebnisse festgestellt, dass
• die Bürger trotz Wirtschaftskrise 17 Prozent mehr Kredite nachgefragt haben als im Jahr 2008,
• die Banken zehn Prozent mehr Kredite vergeben haben als im Vorjahreszeitraum. Insbesondere in den ersten beiden Quartalen liegen die Abschlüsse deutlich über Vorjahresniveau,
• von 100 Ratenkrediten weniger als drei ausgefallen sind. Die durchschnittliche Kreditausfallquote lag 2009 bei 2,4 Prozent und bewegt sich damit in den vergangenen drei Jahren auf einem stabilen Niveau (2,5 Prozent in 2008, 2,3 Prozent in 2007),
• die durchschnittliche Ratenkreditverpflichtung pro Kopf um 126 Euro auf 8.382 Euro abgenommen hat. Diese Ratenkreditverpflichtung benennt die durchschnittliche Restschuld laufender Kredite. Das bedeutet, dass von den Verbrauchern im Jahr 2009 mehr Kreditverpflichtungen abgebaut als neue aufgenommen wurden,
• zu über 90 Prozent der Personen bei der SCHUFA nur Informationen zu vertragsgemäßem Verhalten bei Krediten vorliegen.
Großteil der Bevölkerung fühlt sich 2009 von der Wirtschaftskrise nicht betroffen
Als Ergänzung zu den Zahlen hat die SCHUFA das Institut für Demoskopie Allensbach mit einer repräsentativen Umfrage zur Stimmung und zum Konsum- und Kreditverhalten der Bevölkerung in der Wirtschaftskrise beauftragt. Zwei Drittel der Bevölkerung fühlte sich 2009 nicht von der Krise beeinflusst. Bei günstigen Angeboten gaben rund ein Viertel an, dass die Angebote so günstig seien, dass sie bereit seien, einen Kredit für größere Anschaffungen aufzunehmen. Dennoch wurde deutlich, dass die Grundhaltung der Deutschen gegenüber Krediten von einer spürbaren Zurückhaltung geprägt ist. „Kredite sind für die große Mehrheit nur für Sonderfälle im Leben akzeptabel. Auch die Tugend der Sparsamkeit wird von den Deutschen hoch geschätzt“, erläuterte Dr. Thomas Petersen, Projektleiter am Institut für Demoskopie Allensbach. Die Einschätzung von Sparsamkeit hat sich im Lauf der Jahrzehnte jedoch gewandelt: Während in den 1950er-Jahren Sparsamkeit vor allem als Persönlichkeitseigenschaft eine hohe Wertschätzung erfahren hat, wird sie heute weniger um ihrer selbst Willen geschätzt, sondern als vernünftig angesehen.
Prognose für 2010: Überschuldungsgefahr und Krisenbetroffenheit nimmt zu
Basierend auf den Informationen zu den Kreditgeschäften der Bevölkerung gibt die SCHUFA auch Prognosen zur Überschuldungsgefahr von Privatpersonen ab. Im November 2008 hatte das Unternehmen prognostiziert, dass 2009 keine kritische Entwicklung einsetzen wird. Diese Prognose hat sich durch die aktuell ausgewerteten Zahlen bestätigt.
„Für 2010 sehen wir allerdings eine leicht höhere Gefahr der Überschuldung bei Privatpersonen. Mit unserem Zahlenmaterial haben wir eine Überschuldungsgefahr errechnet, die 2,5 Prozent höher liegt als in 2009“, erklärte Rainer Neumann. Bei der Nachfrage nach Krediten erwartet die SCHUFA einen Rückgang in 2010. Dies sei aber nicht unmittelbar als Folge der Krise zu werten, sondern vielmehr die Folge vorgezogener Käufe in 2009.
Im März 2010 hat die SCHUFA das Institut für Demoskopie Allensbach darüber hinaus erneut beauftragt, nach dem Einfluss der Krise auf das Leben der Verbraucher zu fragen: Auch hier zeigt sich eine erhöhte Krisenbetroffenheit von 25 Prozent auf 29 Prozent derer, deren Leben sich seit der Krise verändert hat.“
Quelle Pressemitteilung: SCHUFA