Mindestlohn: Verfehlt die Mindestlohn-Erhöhung ihre Wirkung?

Der Mindestlohn soll in Deutschland auf 12 Euro die Stunde steigen. Heute voraussichtlich wird die von der Regierungskoalition geplante Erhöhung im Bundeskabinett beschlossen werden. Doch werden die 12 Euro Stundenlohn wirklich etwas bringen im Kampf gegen die Armut? Oder verfehlt die Erhöhung des Mindestlohns ihre Wirkung? Das sind die Fragen, die sich aufdrängen. Dominik Groll, Arbeitsmarktexperte am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel), schreibt in seinem heute veröffentlichten Statement: „Risiken für Beschäftigung steigen, Armut sinkt kaum.“

Folgt der Mindestlohn-Erhöhung ein Abbau von Beschäftigung?

Laut Groll steigt durch die Mindestlohn-Erhöhung in den betroffenen Lohnbereichen die Gefahr, dass es zum Abbau von Beschäftigung kommt. Was durchaus nachvollziehbar ist, schließlich müssen die Kosten für den höheren, gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn ja irgendwie aufgebraucht werden. Ich persönlich sehe in diesem Bereich vor allem die Gastronomie gefährdet, die allein schon durch die Pandemie sehr schwer gebeutelt wurde.

Die niedrigen Löhne in der Gastronomie waren nur möglich, weil die Gastro-Mitarbeiter Trinkgelder bekommen haben. Jeder Euro mehr an Mindestlohn wird auf der einen Seite zu höheren Preisen in der Gastronomie führen – was wiederum die Kunden abschreckt. Auf der anderen Seite wird es zu Einsparungen beim in diesem Bereich sowieso schon oft mit Arbeit überschütteten Personal kommen. Das heißt, mehr Arbeit für weniger Beschäftigte. Was wiederum zu einer weiteren Personalflucht aus der Gastro führen könnte, wie wir sie bereits während Corona erlebt haben. Eine ganze Branche könnte damit kippen, was zu weiteren Beschäftigungsverlusten führen würde.

Mindestlohn beendet Armut oder soziale Ungleichheit nicht

Der Arbeitsmarktexperte am IfW Kiel merkt in seinem Statement an, dass „der höhere Mindestlohn kaum zum Abbau von Armut oder sozialer Ungleichheit führen“ wird. Dominik Groll weiter: „Ein Mindestlohn kann den weitaus größten Teil der von Armut gefährdeten Personen nicht erreichen, das sind vor allem Rentner, Selbstständige, Arbeitslose oder Teilzeitbeschäftigte. Und nur ein relativ kleiner Teil der Niedriglohnbezieher lebt in Haushalten nahe der Armutsgrenze, deutlich mehr dagegen in Haushalten mit mittleren oder hohen Einkommen.“

Zahl der Arbeitsstunden könnten nach Mindestlohn-Erhöhung sinken

Groll weist in seinem Statement ferner darauf hin, dass die Einführung des Mindestlohns vor sieben Jahren „wissenschaftlichen Studien zufolge die Stundenlöhne zwar erhöht, die Zahl der Arbeitsstunden aber sinken lassen.“ Dadurch blieben die Löhne, die am Ende des Monats rauskamen, unverändert. Was zugleich heißt, dass der Mindestlohn bereits seit Jahren wirkungslos geblieben ist und Armut nicht verhindert und Einkommensungleichheit nicht verbessert oder verhindert hat.

Mindestlohn: Versprochene Wirkung dürfte verfehlt werden

Das Versprechen eines deutlich höheren Mindestlohns klingt verlockend, arbeits- und sozialpolitisch dürfte die Steigerung aber ihre versprochene Wirkung verfehlen.“ schreibt der IfW Experte am Ende seines Statements. Das kann ich nur unterstreichen. Denn was nach außen beim Wahlkampf so verlockend klang und so wohltuend in den Ohren derer, die am Rande des Existenzminimums leben, wird am Ende vermutlich verpuffen.

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