Gestoppte Bauarbeiten am Elbtower: Effektive Schritte für Handwerker gegen finanzielle Verluste

Die Arbeiten am renommierten Elbtower-Projekt sind bis auf Weiteres eingestellt. Zahlungsrückstände sind hierfür der ausschlaggebende Punkt. Der Milliardär von Karstadt, René Benko, und seine Unternehmensgruppe Signa, die Träger des nahezu eine Milliarde Euro schweren Bauvorhabens sind, haben unlängst den Geldhahn zugedreht.

“Für die involvierten Handwerksbetriebe bedeutet dies eine unerwartete und harte Herausforderung. Nichtsdestotrotz stehen ihnen rechtliche Schritte zur Verfügung, die es erlauben, die eigenen Verluste zu minimieren. Allerdings ist schnelles Handeln vonnöten, um potenziell weitreichendere Schwierigkeiten abzuwenden”, erklärt Andreas Scheibe. Er ist Ingenieur und VOB-Berater für Handwerker mit vielen Jahren Erfahrung in Planung und Ausführung von Bauprojekten. Nachfolgend verrät er, wie Handwerker nun vorgehen sollten, um nicht auf hohen Kosten sitzen zu bleiben.

Ein Handwerker muss somit in der Lage sein, jeden Schritt, jede Verzögerung und jeden korrespondierenden Vorgang lückenlos und schlüssig darzulegen, um seine Ansprüche und sein Handeln vor Gericht zweifelsfrei zu untermauern.

Andreas Scheibe, Gründer der Continu-ING GmbH

Eine lückenlose Dokumentation vorweisen

Im Kontext von Bauprojekten, wie dem gegenwärtig pausierten Elbtower, ist eine lückenlose Dokumentation für Handwerker von entscheidender Bedeutung. Sollte es zu rechtlichen Auseinandersetzungen vor Gericht kommen, kann eine sorgfältig geführte und vollständige Dokumentation den Ausschlag geben. Es ist deshalb unerlässlich, dass die Unterlagen der Handwerker gründlicher und umfassender als die des Auftraggebers sind. Dies betrifft nicht nur die korrekte und vollständige Erfassung von Behinderungsanzeigen-, sondern auch von Abmeldungen. Jedes Detail muss nahtlos dokumentiert sein, sodass im Falle eines Rechtsstreits eindeutige Beweise vorliegen. Ein Handwerker muss somit in der Lage sein, jeden Schritt, jede Verzögerung und jeden korrespondierenden Vorgang lückenlos und schlüssig darzulegen, um seine Ansprüche und sein Handeln vor Gericht zweifelsfrei zu untermauern.

Die Unterlagen für alle Parteien nachvollziehbar machen

Alle Formulare müssen also eingereicht, alle Behinderungszeiträume und Behinderungsgründe müssen dokumentiert sein. Ebenso wichtig ist die detaillierte Aufzeichnung von Kommunikationswegen, wie Protokollen von Baustellenbesprechungen, der Email-Austausch und Schriftverkehr mit dem Planungs- und Bauherrenteam. Es ist zudem von großer Bedeutung, dass alle offenen Forderungen und die zugrundeliegenden Berechnungsgrundlagen nicht nur schlüssig, sondern auch frei von jeglichen Fehlern sind.

Darüber hinaus muss die Aufbereitung der Unterlagen so strukturiert sein, dass auch ein fachfremder Richter, der vielleicht gewöhnlich in anderen Rechtsbereichen wie dem Familienrecht tätig ist, die Sachlage rasch erfassen und beurteilen kann. Die Fähigkeit, den Sachverhalt klar und überzeugend darzustellen, kann ausschlaggebend sein, wenn es darum geht, den Richter zu überzeugen und somit einen Rechtsstreit zu gewinnen. Denn nicht selten entscheidet in der komplexen Welt der Bauverträge ein nicht spezialisierter Richter über den Ausgang eines Falles.

Die Bauarbeiten aussetzen – aber mit gründlicher Vorbereitung

Wenn ein Bauprojekt ins Stocken gerät, insbesondere aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten wie ausbleibenden Zahlungen oder mangelnder Liquidität des Auftraggebers, steht dem Handwerker das Recht zu, die Bauarbeiten auszusetzen. Diese Maßnahme ermöglicht es dem Handwerker, einen gewissen Druck auf den Bauherren auszuüben, um die Situation zu klären. Doch ein solcher Schritt ist nicht überstürzt zu vollziehen. Es ist essentiell, dass der Handwerker zuvor klar und deutlich kommuniziert hat, welche Konsequenzen aus der Nichterfüllung der finanziellen Verpflichtungen resultieren und welche möglichen Lösungen es gibt. Eine solide Kommunikationsgrundlage ist nicht nur für die Vermeidung von Missverständnissen wichtig, sondern auch, um bei eventuellen rechtlichen Auseinandersetzungen beweisen zu können, dass alle erforderlichen Schritte unternommen wurden, bevor die Arbeit niedergelegt wurde.

Das Recht der Kündigung kennen und in Anspruch nehmen

Bei einem Stillstand des Projekts, der sich über einen Zeitraum von drei Monaten erstreckt, erwächst dem Handwerker nicht zuletzt das Recht, den Vertrag zu kündigen. Eine solche Kündigung und die anschließende Abrechnung können durchaus finanziell vorteilhaft für den Handwerker sein. Doch auch in diesem Szenario bleibt die Kommunikation mit dem Auftraggeber (AG) das A und O. Eine klare und transparente Verständigung über die drohenden Konsequenzen und verfügbaren Handlungsoptionen ist unabdingbar, damit der AG eine informierte Entscheidung treffen kann. Oftmals ist sich der Auftraggeber nämlich nicht vollständig über seine Pflichten, noch über die Rechte des Handwerkers im Klaren. Letztlich sollten alle Parteien daran denken, dass sie auf gleicher Augenhöhe agieren, auch wenn gesellschaftlich manchmal das Bild vorherrscht, der Handwerker sei der “weniger wichtig”. Dieses veraltete Denkmuster muss durchbrochen werden, um die professionelle Rolle und den Beitrag des Handwerkers im Bauwesen zu respektieren und zu würdigen.

Über Andreas Scheibe:

Andreas Scheibe ist geschäftsführender Gesellschafter mehrerer Unternehmen in der Baubranche und Gründer der Continu-ING GmbH aus Wittlich, einer Unternehmensberatung, die auf echte Lösungen für Handwerksunternehmen fokussiert ist. Er konnte schon zahlreiche Handwerksunternehmen dabei unterstützen, Verlustprojekten den Rücken zu kehren und Sicherheit in Bauabläufen zu erlangen. Die Mission von Andreas Scheibe und Continu-ING ist, das Handwerk zu neuer Stärke zu führen und Handwerkern zu helfen, Bauprojekte endlich stressfreier und profitabler durchzuführen.

Andreas Scheibe ist Gründer der Continu-ING GmbH. Er und sein Unternehmen wollen Handwerkern dabei helfen, Bauprojekte endlich stressfreier und profitabler durchzuführen. © Continu-ING GmbH
Gestoppte Bauarbeiten am Elbtower: Effektive Schritte für Handwerker gegen finanzielle Verluste Gastbeitrag von Andreas Scheibe © Foto Continu-ING GmbH