ZDF-Politbarometer Juli 2012: Mehr als die Hälfte gegen Eurobonds

Eurokrise wächst in der Bedeutung

In den soeben vom Mainzer Fernsehsender veröffentlichten ZDF-Politbarometer Juli 2012 wird deutlich: mehr als die Hälfte der Befragten (51 Prozent) spricht sich gegen die Einführung von Eurobonds aus.

ZDF-Politbarometer Juli 2012

„Euro-Krise gewinnt stark an Bedeutung
CDU/CSU gewinnt – SPD verliert – Merkel wieder auf Platz eins

Der Themenbereich Euro- und Schuldenkrise beschäftigt die Menschen immer mehr: Mit 54 Prozent ist es nach Meinung der Befragten aktuell das mit weitem Abstand wichtigste politische Thema in Deutschland (Juni: 41 Prozent; Mai: 33 Prozent). Dabei spricht sich mit 61 Prozent eine deutliche Mehrheit dagegen aus, dass den Ländern unter dem Euro-Rettungsschirm mehr Zeit eingeräumt wird, um die vereinbarten Sparziele zu erreichen (dafür: 31 Prozent; weiß nicht: 8 Prozent). Dies wird in allen Parteianhänger-Gruppen mehrheitlich so gesehen, wobei die Anhänger der Piraten (74 Prozent) und die der Union (63 Prozent) am häufigsten gegen eine solche Lockerung der Vorgaben sind.

Weiterhin werden auch so genannte Eurobonds, also gemeinsame Anleihen der Euro-Länder, und damit auch eine gemeinsame Haftung für solche Schulden, abgelehnt. Auch eine zukünftig denkbare gemeinsame Fiskalpolitik der Euro-Länder ändert daran nicht viel: Ganz allgemein sprechen sich 12 Prozent für Eurobonds aus, weitere 24 Prozent wären nur dann für Eurobonds, wenn es eine gemeinsame Fiskalpolitik gäbe, an die sich die einzelnen EU-Länder halten müssten. Aber 51 Prozent aller Befragten sprechen sich grundsätzlich gegen Eurobonds aus – unabhängig von einer gemeinsamen Fiskalpolitik (weiß nicht: 13 Prozent).

Nach dem jüngsten EU-Gipfel gab es von verschiedenen Seiten Kritik an Angela Merkel. Trotz dieser Kritik hat die Zufriedenheit mit ihrer Euro-Krisenpolitik etwas zugenommen: Jetzt sagen 63 Prozent aller Deutschen (Mai: 60 Prozent), sie mache ihre Arbeit beim Thema Euro „eher gut“, und „eher schlecht“ meinen nur noch 28 Prozent (Mai: 30 Prozent). Den Vorwurf des Bundespräsidenten, sie erkläre ihre Euro-Politik nicht ausreichend, halten allerdings 57 Prozent für berechtigt und nur 33 Prozent sehen das nicht so (weiß nicht: 10Prozent).

Die Drohung des CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer, dass die CSU bei weiteren finanziellen Zugeständnissen beim Euro die Bundesregierung verlassen wird, glauben ihm nur 14 Prozent und 82 Prozent nehmen die Drohung nicht ernst (weiß nicht: 4Prozent).

In der Politbarometer-Projektion hat der Vorsprung der Union vor der SPD wieder deutlich zugenommen: Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, käme die CDU/CSU auf 36 Prozent (plus 2), während die SPD nur noch 30 Prozent erreichte (minus 2). Die FDP würde mit 4 Prozent (minus 1) momentan an der 5 Prozent-Hürde scheitern, die Linke könnte sich auf 6 Prozent verbessern (plus 1). Die Grünen blieben unverändert bei 13 Prozent und die Piraten bei 7 Prozent. Die sonstigen Parteien erhielten zusammen 4 Prozent (unverändert). Damit hätte weiterhin weder die amtierende Regierungskoalition noch eine rot-grüne Koalition eine parlamentarische Mehrheit.

Von den zehn wichtigsten Politikerinnen und Politikern erhält jetzt Angela Merkel wieder die beste Bewertung: Auf der Skala von +5 bis -5 kommt sie auf einen Durchschnittswert von 2,0 (Juni: 1,7). Knapp dahinter, auf Platz zwei, liegt Hannelore Kraft mit 1,9 (Juni: 1,7). Auf Platz drei bis fünf folgen unverändert mit jeweils 1,4 und nur mit Unterschieden im Hundertstelbereich Wolfgang Schäuble, Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier. Danach kommen mit deutlichem Abstand Sigmar Gabriel mit 0,7 (Juni: 0,5), Ursula von der Leyen mit unveränderten 0,6 sowie Horst Seehofer mit 0,5 (Juni: 0,4). Im Negativbereich bleiben Guido Westerwelle mit minus 1,0 (Juni: minus 1,1) und Philipp Rösler mit unveränderten minus 1,4.

Noch nie war die Geburtenrate in der Bundesrepublik so niedrig wie zurzeit. Damit in Deutschland wieder mehr Kinder zur Welt kommen, glauben 38 Prozent, insbesondere würde ein verbessertes Ganztagsbetreuungsangebot helfen, lediglich 26 Prozent meinen, das würde nicht viel bringen. Eine Aufstockung der finanziellen Förderung für Familien halten nur 29 Prozent für sehr hilfreich, aber 37 Prozent glauben, dass das kaum etwas bewirken würde. Ähnlich skeptisch sind die Befragten, wenn es um die Auswirkung von mehr Teilzeitarbeitsplätzen auch für qualifizierte Tätigkeiten geht: Auch hier glauben nur 28 Prozent, dass das viel zum Anstieg der Geburtenrate beitragen könnte, aber 35 Prozent versprechen sich davon kaum etwas (Rest zu 100 Prozent jeweils „hilft ein wenig“ bzw. „weiß nicht“). Mit der Situation bei der Kinderbetreuung in Deutschland sind nur 52 Prozent der Befragten, die Kinder unter zwölf Jahre haben, zufrieden und fast genauso viele (47 Prozent) sind unzufrieden.

Und selten war die Meinung der Menschen so eindeutig wie zum neuen Meldegesetz, das der Bundestag beschlossen hat: 97 Prozent sind dagegen, dass die Meldeämter ohne Zustimmung der Betroffenen Adressdaten verkaufen dürfen.

Die Umfragen zum Politbarometer wurden wie immer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 10. bis 12. Juli 2012 bei 1255 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch erhoben. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland. Der Fehlerbereich beträgt bei einem Parteianteil von 40 Prozent rund +/- drei Prozentpunkte und bei einem Parteianteil von 10 Prozent rund +/- zwei Prozentpunkte. Daten zur politischen Stimmung: CDU/CSU: 38 Prozent, SPD: 32 Prozent, FDP: 2 Prozent, Linke: 6 Prozent, Grüne: 14 Prozent, Piraten: 7 Prozent. Das nächste Politbarometer sendet das ZDF am Freitag, 24. August 2012.“

Quelle Pressemitteilung: ZDF