WAZ: Banken verspielen ihr letztes Pfund – Kommentar von Stefan Schulte

Essen (ots) – Die gute alte Bankfiliale ist ein aussterbendes
Geschäftsmodell. Allein die Berührungsängste vieler älterer Kunden
vor den anonymen Internet-Banken werden die Filialen noch einige Zeit
am Leben halten. Diese Zeit zu verkürzen, geben sich die Institute
alle Mühe. Es brauchte eine Finanzkrise, das Privatkundengeschäft
überhaupt wieder zu entdecken. Doch ihr einziges echtes Pfund, die
Beratung von Angesicht zu Angesicht, verspielen die Geldinstitute
seither unverdrossen. Dass sie nichts aus der Krise gelernt hätten,
bescheinigten ihnen Politiker, Verbraucherschützer und Warentester
ein ums andere Mal. Weil auch die Regierung ihren Glauben an die
Selbstheilungskräfte der Geldmärkte verlor, schrieb sie sogar vor,
wie Beratungsgespräche zu laufen haben. Auf ein Umdenken warten die
Kunden bis heute vergeblich. Stattdessen lesen sie von 91-Jährigen,
denen Schiffsfonds mit 20-jähriger Laufzeit angedreht werden, und von
Städten, denen casinoreife Wettgeschäfte für bare Münze verkauft
werden. Der aktuelle Finanztest lässt eine Systematik erkennen, die
es den Banken unmöglich macht, von Fehlleistungen Einzelner zu reden.
Pflichtdokumente wurden nicht manchmal vergessen, sondern manchmal
nicht. Und dass die Frage nach einem Kredit gleich die redlich
erworbene Kreditwürdigkeit bei der Schufa ruinieren kann, ist sicher
mehr als eine Randnotiz. Ob die Banken diesmal reagieren? Es gibt
riskantere Wetten.

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