BERLINER MORGENPOST: Am Ende muss einer fliegen / Leitartikel von Christine Richter

Berlin (ots) – Was für ein schwarzer Tag für Berlin: Der künftige
Hauptstadtflughafen BER im Süden Berlins wird nicht, wie geplant, am
3. Juni eröffnet, sondern Wochen oder gar Monate später. Wann, ist
noch völlig unklar. Denn es gibt große Probleme beim Brandschutz und,
wie man hört, auch in Bereichen wie dem Check-in, wo die Kapazitäten
nicht ausreichen sollen und Zighundert Mitarbeiter für Notfälle
bereitgehalten werden. Was für eine Katastrophe für die Region
Berlin-Brandenburg, aber vor allem für den Regierenden Bürgermeister
Klaus Wowereit (SPD), der auch Aufsichtsratsvorsitzender der
Flughafengesellschaft ist, und für Rainer Schwarz, den Flughafenchef.
So viel steht schon fest: Die verschobene Flughafeneröffnung wird
Millionen Euro kosten. Schon jetzt sollen die Baukosten über den
geplanten 2,5 Milliarden Euro liegen. Nun wird es deutlich teurer:
für die Flughafengesellschaft selbst, vor allem aber für die
Airlines, die umplanen müssen, für die Einzelhändler oder auch die
Restaurants, die nicht zum BER umziehen können. Tegel muss offen
gehalten werden, der bisherige Flughafen Schönefeld auch, am neuen
BER muss noch mehr in Sicherheit und Abläufe investiert werden. Ganz
zu schweigen von den Schadenersatzforderungen, die die wirtschaftlich
unter Druck stehenden Airlines sicherlich prüfen und an die
Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg stellen werden. Was für ein
Desaster. Die Schuldfrage wollten Wowereit, der brandenburgische
Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und auch Flughafenchef
Schwarz am Dienstag nicht beantworten. Wochen-, gar monatelang hatten
die drei auf kritische Nachfrage stets behauptet, der Zeitplan für
die Flughafeneröffnung sei zwar ehrgeizig, werde aber auf jeden Fall
eingehalten werden. Auf jeden Fall. Jetzt wollen uns die drei
weismachen, sie wüssten erst seit Dienstag, dreieinhalb Wochen vor
der BER-Eröffnung, von den Problemen beim Brandschutz. Wer soll das
glauben? Schlimmer noch: Wer soll ihnen überhaupt noch glauben? In
den vergangenen Jahren wurde immer wieder getrickst, zuletzt bei den
Flugrouten, die ganz anders über die Region führen werden als
ursprünglich geplant – anders also, als Wowereit, Platzeck und
Schwarz den Menschen erzählt haben. Was für ein unglaublich
schlechtes, was für ein unehrliches Management. Die Verantwortung für
die geplatzte Flughafeneröffnung haben Berlin, Brandenburg und der
Bund. Und die Flughafengesellschaft. Politisch ist Wowereit, zumal
als Aufsichtsratsvorsitzender, in der Pflicht. Er hat das größte
Infrastrukturprojekt der Region in den letzten Jahren zu seiner Sache
gemacht und sich dafür gern loben lassen. Operativ war Rainer Schwarz
zuständig, der noch vor zwei Tagen im Interview mit der Berliner
Morgenpost erklärte, beim Airport und dem geplanten Umzug laufe alles
nach Plan. Schwarz muss jetzt sicherstellen, dass der Brandschutz
gewährleistet wird, dass der Flughafen nach der Sommerpause oder auch
erst im Herbst sicher in Betrieb gehen kann. Ohne Staus beim
Check-in, ohne Probleme beim Gepäcktransport oder verspätete Flüge.
Und dann muss Schwarz zurücktreten.

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